Schweiz: Katholischer Mediendirektor fordert Bischöfe zu Rücktritt auf


Der scheidende Direktor des Katholischen Medienzentrums in Zürich, Charles Martig, hat zu seinem Abschied scharfe Kritik an den Schweizer Bischöfen geäußert und sie aufgrund ihres Umgangs mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche des Landes zum Rücktritt aufgefordert. “Die Rücktrittsforderung an alle Bischöfe der Schweiz ist berechtigt. Sie haben sich als unfähig erwiesen, die Kirche durch die Krise zu führen”, sagte Martig am Dienstag laut seinem Redemanuskript, das katholisch.de vorliegt, bei einer Ansprache zu seinem Abschied. Der Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit sei enorm.

Martig: Bischöfe sollen Gründe für Veto gegen Journalistin Müller offenlegen

Auch nach der Veröffentlichung der Studie zum Missbrauch in der Kirche der Schweiz im vergangenen September bleibe der Eindruck, dass von kirchlichen Führungskräften weiterhin Schadensbegrenzung betrieben werde und der Schutz von Klerikern und Klosterbrüdern wichtiger sei als die Aufklärung. “Das Versagen der katholischen Kirche beim Missbrauch multipliziert sich mit der defensiven Kommunikation”, betonte Martig weiter. Zwar werde die Diskussion über Missbrauch inzwischen “viel vertiefter und ernsthafter” geführt, dennoch sei man erst am Anfang eines beschwerlichen Wegs. “Bis jetzt sind alle Maßnahmen nur Versprechen für die Zukunft. Und das mehr als 20 Jahre nach der ersten öffentlichen Diskussion in den USA und 14 Jahre nach dem Ausbruch der Krise in Deutschland”, kritisierte Martig.

In seiner Rede forderte Martig die Bischöfe zudem dazu auf, die Gründe für ihre Ablehnung der Journalistin Annalena Müller als neue Direktorin des Katholischen Medienzentrums offenzulegen. “Können wir mit einer öffentlichen Erklärung des amtierenden Medienbischofs Josef Stübi rechnen”, fragte der 58-Jährige. Die Bischöfe hatten der Journalistin, die zuletzt als Chefin vom Dienst bei kath.ch tätig war, am 8. März das notwendige “Nihil obstat” für ihre Berufung als Direktorin trotz einer zuvor einstimmigen Wahl durch den Vorstand des Zentrums verweigert. Anfang dieser Woche wurde dann bekannt, dass Müller kath.ch verlässt und am 1. Juli neue Chefredakteurin des Berner “Pfarrblatts” wird. Kath.ch verliere durch das Veto der Bischöfe eine “fähige und kompetente Journalistin”, sagte Martig.

“Die Beschwerden und Angriffe haben mich ermüdet und zerrieben”

Mit Blick auf seine eigene Arbeit stellte Martig sich ein gutes Zeugnis aus: “Als Katholisches Medienzentrum wollten wir den Beweis antreten, dass die katholische Publizistik relevant ist für die Gesellschaft. Und genau das haben wir erreicht!” Man habe seit 2019 insbesondere das Profil von kath.ch weiter geschärft und sich mit kritischen Kommentaren, vertieften Recherchen und guten Geschichten klar positioniert. Als Direktor des Medienzentrums und seit 2023 auch Chefredakteur von kath.ch habe er jedoch auch unzählige Konflikte ausgetragen; die Beschwerden seien im Wochenrhythmus bei ihm angekommen. “Die Beschwerden, Angriffe und die ständigen Fragen zur Legitimität unseres neuen katholischen Journalismus haben mich ermüdet und zerrieben”, bekannte Martig. Vor allem ein Mediencommuniqué der Schweizer Bischofskonferenz vom vergangenen Juni, in dem sich die Bischöfe von kath.ch distanziert hatten, habe er als “direkten Angriff” verstanden.

Anfang November vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass Martig seine Tätigkeit als Direktor des Katholischen Medienzentrums und Redaktionsleiter von kath.ch zum 31. März dieses Jahres beendet. Martig werde zum 1. April 2024 zur römisch-katholischen Landeskirche des Kantons Bern wechseln und dort den Aufbau eines neuen Kompetenzzentrums Kommunikation übernehmen, hieß es damals. (stz)



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