Schutz vor Missbrauch im Kirchenbezirk Waiblingen: Helfer mit Führungszeugnis – Nachrichten aus Waiblingen


Es waren eigentlich nur vier Tagesordnungspunkte bei dieser Bezirkssynode am vergangenen Freitag in Waiblingen, „aber die hatten es alle in sich“, wie der evangelische Kirchenbezirk Waiblingen selbst in einer Pressemitteilung erklärt. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung, die Missbrauchsstudie in der Evangelischen Kirche und die Kürzungen der Pfarrstellen waren die Themen. Nur zwei von drei Dekanaten sollen erhalten bleiben. Ehrenamtliche müssen künftig polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen, wenn sie mit Jugendlichen Kontakt haben.

Am Anfang stand der Bericht des Dekans Ulrich Erhardt, der von seinen ersten Beobachtungen aus dem Bezirk und den Kirchengemeinden berichtete „und sie ins Verhältnis setzte zu den großen Themen, die die Kirchengemeinderätinnen und -räte derzeit umtreiben“, so die Mitteilung.

Demografischer Wandel sorgt für Schwund – neben Kirchen-Austritten

So betrachtete Dekan Erhardt die Ergebnisse der erst kürzlich erschienen „Kirchenmitgliedsuntersuchung“ aus dem Blickwinkel des Kirchenbezirks und stellte mit Hilfe der aktuellen Zahlen für den Kirchenbezirk noch einmal dar, „dass es neben den Austritten vor allem der demografische Wandel ist, der dazu führt, dass die Gemeinden kleiner und kleiner werden“, heißt es in der Mitteilung des Bezirks. Sein Bild von Kirche sei aber nicht das der Titanic, die sinke, sondern einer fröhlich feiernden Gemeinschaft. Denn trotz aller schlechten Nachrichten erlebe er Gemeinden, in denen die Menschen sich engagierten und das Gemeindeleben pulsiere.

„Eine Kirche, die sich fröhlich zeigt, kann sich auch sehen lassen“, so Erhardt laut Mitteilung. Er berichtete demnach von „spannenden Begegnungen mit Menschen zum Beispiel auf der Hochzeitsmesse in Fellbach oder davon, dass sich Kirche in den Demokratiebündnissen des Landkreises engagierten“. Es gehe darum, sich um die Anliegen der Menschen zu kümmern, auch wenn man deren Namen nicht kenne.

Religionsunterricht erfreue sich großer Beliebtheit

Schuldekan Andreas Lorenz konnte in seinem Bereich laut Pressemitteilung „doch über positive Entwicklungen und Erkenntnisse berichten“. So habe sich in der „Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung“ gezeigt, dass die Konfirmandenzeit das Erlebnis sei, das die Menschen in ihrer Einstellung zu Religion am meisten geprägt habe. Die Bedeutung der Konfirmation und der Konfirmandenzeit sei also kaum höher zu schätzen. Außerdem könne man sehen, dass sich der Religionsunterricht weiterhin einer großen Beliebtheit erfreue. „Viele, auch nichtgetauften Kinder nähmen vor allem in der Grundschule den Religionsunterricht gerne an“, heißt es in der Mitteilung.

Einen großen Schwerpunkt legte Andreas Lorenz in diesem Jahr bei seinem Bericht auf die Erwachsenenbildung. Im vergangenen Jahr hätten rund 20.000 Menschen circa 7000 Unterrichtseinheiten der evangelischen Erwachsenenbildung besucht. „Dadurch, dass viel Unterstützung über das Land und sogar den Landkreis kommt, konnte man und kann man ein besonders gutes Angebot entwickeln und eben auch auf Menschen zugehen, die nicht zum innersten Kern der Gemeinde gehörten“, so die Pressemitteilung.

Schutz vor Missbrauch: Höhere Anforderungen an Ehrenamtliche

Schon in den letzten Bezirkssynoden war das Schutzkonzept „Sexualisierte Gewalt“ jeweils auf der Tagesordnung. Diesmal sprach man aber auf dem Hintergrund der sogenannten „ForuM-Studie“, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben hatte. Nachdem in den letzten Monaten sich Ehrenamtliche und Hauptamtliche zu sogenannten Multiplikatoren haben ausbilden lassen, wird das Konzept nun in die Kirchengemeinden aufgenommen und verabschiedet.

Eine Folge laut Pressemittelung: „Was in den Jugendwerken und CVJMs schon länger Usus ist, wird nun auf die gesamte Arbeit der Kirchengemeinde übertragen, so dass die ehrenamtlichen Helfer zum Beispiel ein erweitertes polizeilichen Führungszeugnis vorlegen müssen, wenn sie mit Jugendlichen Kontakt haben.“ „Jede Abwehrmaßnahme ist verkehrt. Die Menschen müssen sich in der Kirche sicher fühlen können“, so Dekan Ulrich Erhardt.

Im Grunde wurden alle Kürzungen des Pfarrplans, mit denen jede einzelne Kirchengemeinde im Kirchenbezirk in den letzten Monaten gerungen hat, von der Bezirkssynode auch so verabschiedet. Der Pfarrplan, so Dekan Erhardt laut Mitteilung, „haut so sehr ins Kontor“, dass er dankbar war, dass alle Kirchengemeinden sehr kreativ und verantwortungsbewusst damit umgegangen seien. Manche Einzelheiten mussten noch eingefügt werden, damit Rechtssicherheit bestehe. So wurde im Pfarrplan festgehalten, was passiert, wenn mancher Plan im unwahrscheinlichen Fall nun doch nicht mehr aufgeht.

Leutenbach und Co.: Zwei 75-Prozent-Stellen

Außerdem musste noch abgestimmt werden, in welcher Weise im Gemeindeverbund Leutenbach – Nellmersbach – Weiler zum Stein die Pfarrstellen aufgeteilt werden. Schlussendlich folgte die Bezirkssynode dem Beschluss der Kirchengemeinde, die Stellen auf zweimal 75 Prozent aufzuteilen. Somit erwartet die Bezirkssynode, dass die Landessynode diesen Plan in der Sommersynode so akzeptiert und beschließt. „Damit wäre eine der stärksten Kürzungen von Pfarrstellen in der Landeskirche beschlossene Sache“, heißt es in der Mitteilung.

Dekan Erhardt hat demnach angekündigt, dass auch auf anderer Ebene gespart werde: „Denn der Plan ist, dass es in Zukunft im Rems-Murr-Kreis auch nicht mehr drei, sondern neben Waiblingen es nur noch ein zweites Dekanat geben soll, entweder Schorndorf oder Backnang“, so die Pressemitteilung. „Aber das liegt noch in der Zukunft.“

Noch circa 60.000 Mitglieder im evangelischen Kirchenbezirk Waiblingen

Dem evangelischen Kirchenbezirk Waiblingen gehören etwa 60.000 Christen an. Dazu gehören unter anderem die Kirchengemeinden Beinstein, Berglen, Birkmannsweiler-Höfen-Baach, Bittenfeld, Endersbach, Fellbach, Großheppach, Hegnach, Hertmannsweiler/Bürk, Hohenacker, Kernen, Korb, Leutenbach, Neustadt, Schwaikheim, Strümpfelbach, Waiblingen, Weiler zum Stein-Nellmersbach, Winnenden.



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