Experten gegen Kinderbeichte wegen Missbrauchsgefahr


Die Experten verlangen, Kinder nicht schon bei der Vorbereitung auf ihre Erstkommunion im Alter von 8 oder 9 Jahren zur ersten Beichte einzuladen. Sinnvoller sei es, damit bis zur Firmung im Alter von 15 oder 16 Jahren zu warten. Es sei fraglich, ob junge Kinder bereits ein entsprechendes Schuld- und Sündenbewusstsein für das Bußsakrament entwickeln könnten. Das Erzbistum Freiburg wird zu entsprechenden Neuregelungen aufgerufen. – Die Beichte hat als Bußsakrament in der katholischen Kirche eine große Bedeutung. Gläubige bekennen im Beichtgespräch mit einem Priester eigene Fehler und drücken ihre Reue aus. Der Priester spricht den Gläubigen danach im Auftrag Gottes von seinen Sünden frei. Der Priester ist durch das Beichtgeheimnis zu unbedingtem Stillschweigen verpflichtet.

Zudem forderte die Kommission weitere Unterstützung für Betroffene von sexualisierter Gewalt und mahnte an, Aufarbeitung und Prävention voranzubringen. Kirche sei für Minderjährige kein sicherer Ort, solange “missbrauchsbegünstigende systemische Faktoren wirksam bleiben”, heißt es in dem 38-seitigen Bericht. So wenden sich die Experten aus Medizin, Rechtswissenschaft und Theologie gegen eine zu große Machtfülle bei Priestern und Bischöfen und gegen fehlende Kontrollinstanzen bei deren Entscheidungen. Gefährlich könnten falsch verstandene Gehorsamsversprechungen, Obrigkeitsdenken sowie die Einordnung in strikte Hierarchien sein. Nötig sei ein Kulturwandel.

Veränderungen auch bei Ausbildung von Priestern

Die Kommission schlägt vor, die kirchliche Aufarbeitung künftig von unabhängigen, außerkirchlichen Stellen kontrollieren zu lassen. Auch bei Personalentscheidungen brauche es unabhängige Expertise. Eindringlich fordert der Bericht, auf bundesweiter Ebene zu einer abschließenden finanziellen Regelung von kirchlichen Anerkennungsleistungen für Missbrauchsbetroffene zu kommen. Die seit Jahren andauernden Debatten um die Zahlungen seien für die Betroffenen extrem belastend. Im Erzbistum Freiburg sei es wichtig, Betroffene weiter dabei zu unterstützen, Therapieangebote zu erhalten.

Die Bistumsleitung kündigte an, die Empfehlungen genau zu prüfen. Ziel sei es, “noch besser bei Aufarbeitung, Prävention und Intervention zu werden”, sagte Generalvikar Christoph Neubrand. “Betroffene müssen im Fokus stehen, ihnen gilt unser Engagement. Kirche muss ein sicherer Ort für alle sein.” Veränderungen fordert der Bericht auch bei der Ausbildung von Priestern und Seelsorgern. Angehende Pfarrer sollten sich nicht in Priesterseminaren “abschotten” und nicht zu jung, ohne eine gewisse Lebenserfahrung mit der Priesterausbildung beginnen. Sexualisierte Gewalt und Missbrauch müssten “Querschnittsthemen” im Theologiestudium werden, Homosexualität dürfe kein Tabuthema sein. Als vorbildlich würdigt der Bericht die Anstrengungen der Kirche im Bereich Prävention. Hier sei in den vergangenen Jahren viel erreicht worden.

Die Kommission besteht seit 2021. Grundlage ist eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM). Während es in dem neuen Bericht um konkrete Handlungsempfehlungen geht, arbeitete der vor einem Jahr veröffentlichte erste Bericht konkrete Missbrauchstaten und deren Verschleierung auf. Darin war von mindestens 540 Missbrauchsbetroffenen und mehr als 250 nachweislich schuldig gewordenen oder des Missbrauchs beschuldigten Priestern seit 1950 die Rede. Die Studie dokumentierte schweres Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchsfällen vor allem bei den früheren Freiburger Erzbischöfen Oskar Saier (1978-2002) und Robert Zollitsch (2003-2013). (tmg/KNA)



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