Missbrauch durch Heimleiter, Erzieher und Priester

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Evangelische Kirche in Bremen: Neue Missbrauchsfälle


Sexualisierte Gewalt in der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) ist nicht nur ein Thema der Vergangenheit. Zwei neue, aktuelle Fälle sind bei der Kirche in Bremen bekannt geworden. Vorwürfe gebe es gegen zwei tatverdächtige Beschäftigte der BEK, bestätigt Bernd Kuschnerus, Schriftführer im Kirchenausschuss und leitender Geistlicher der BEK: “Es geht um zwei unterschiedliche Fälle sexualisierter Gewalt, von denen wir vor Kurzem erfahren haben und die wir jetzt akut bearbeiten.” Zuerst hatte Radio Bremen berichtet.

In dem ersten, offenbar schwerwiegenden Fall habe die BEK Anzeige gegen ihren Mitarbeiter erstattet. Außerdem kündigte sie ihm, “wegen Verdachtes der Begehung einer Straftat”, so Kuschnerus. Genauere Angaben zu den Vorwürfen machte er auf Nachfrage nicht – mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen. Bekannt ist also nicht, was geschehen ist und in welcher Bremer Kirchengemeinde es sich abgespielt hat.

Bei dem zweiten Fall geht es laut Kuschnerus um “den Vorwurf einer Grenzverletzung” gegen einen anderen Beschäftigten der Kirche in Bremen. Diesem Vorwurf gehe man ebenfalls nach.

Drei neue Abramzik-Opfer melden sich

Hinzu kommt, dass sich jetzt noch mehr Betroffene des ehemaligen Bremer Dompastors Günter Abramzik bei der Kirche gemeldet haben. Bisher warfen 17 Männer Abramzik sexuellen Missbrauch vor – nun meldeten sich drei weitere. “Wir wissen im Moment von 20 Fällen”, sagt Kuschnerus. “Und wir halten es für möglich, dass es noch mehr Betroffene gibt.” Zuletzt war der sexuelle Missbrauch durch den inzwischen verstorbenen Domprediger Abramzik und der Umgang der Kirche mit dem Missbrauch wissenschaftlich untersucht worden – in der sogenannten Forum-Studie. Die Studienautoren warfen der Kirche eine Verschleppung der Aufarbeitung vor. Als Konsequenz aus der Forum-Studie wolle die BEK nun “offensiver nach Betroffenen suchen”, so Kuschnerus.

Annäherungsversuche und massive sexuelle Gewalt

Bei den Abramzik-Fällen reiche das Spektrum von “Annäherungsversuchen, die zum Teil auch von Betroffenen erfolgreich abgewehrt wurden bis hin zu massiver sexueller Gewalt”, sagt der Schriftführer. “Wir hoffen, dass sich jetzt noch weitere Zeitzeugen oder Angehörige von Betroffenen bei uns melden.”

Bei einer außerordentlichen Sitzung des Kirchentags waren von Kuschnerus am Mittwoch selbstkritische Töne zu hören. Es gebe einen „Kontrast zwischen der Gewalt der Taten und dem Selbstbild der Kirche“, sagte der Schriftführer. Es gebe die „verschobene Wahrnehmung“, dass die evangelische Kirche von Missbrauchsfällen weniger stark betroffen sei als die katholische Kirche.

“Natürlich ist es eine bittere Wahrheit zu wissen, dass es eben auch sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche gibt”, sagt Kuschnerus im Gespräch mit dem WESER-KURIER. “Die Forum-Studie hat uns nochmal gezeigt, was das aus dem Blick der Betroffenen heißt.” Er betont: “Jede Schilderung von Betroffenen geht einem nah, aber das ist natürlich kein Vergleich zu dem, was die Betroffenen erlebt haben.”

Bremer Gemeinden sollen Schutzkonzepte erarbeiten

Zum Umgang der Kirche mit den Vorwürfen gehört, dass es nun bei der BEK eine Koordinationsstelle für die Aufarbeitung bekannter Fälle von sexueller Gewalt gibt, die auch mit externer Beratung arbeitet. Zudem soll es künftig eine halbe Stelle für Prävention von sexueller Gewalt geben.

“Außerdem sind wir beteiligt am Aufbau einer unabhängigen regionalen Aufarbeitungskommission in Kooperation mit den niedersächsischen Kirchen”, so Kuschnerus. Die Kommission soll aus Betroffenen, Experten und Vertretern der Kirchen und Diakonien bestehen.

Zudem sollen jetzt alle evangelischen Gemeinden in Bremen bis spätestens Ende 2025 eigene Schutzkonzepte gegen sexualisierte Gewalt entwickeln, kündigt der Schriftführer an. “Einige haben das auch schon oder sind mittendrin.” Über solche Schutzkonzepte verfügen beispielsweise die evangelischen Kitas und auch einige Bremer Sportvereine schon länger.

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Author: Webmaster